Landwirtschaftsminister Seehofer sieht nicht ein, wieso Nahrungsmittelhilfen der EU aus dem Agraretat kommen sollen. Von Werner Balsen
Künftig könnte die EU-Lebensmittelhilfe für arme Menschen nicht wie bislang nur Produkte aus Rindfleisch, Öl, Milchpulver, Getreide oder Zucker enthalten, sondern auch Obst und Gemüse.
Foto: ap
Künftig könnte die EU-Lebensmittelhilfe für arme Menschen nicht wie bislang nur Produkte aus Rindfleisch, Öl, Milchpulver, Getreide oder Zucker enthalten, sondern auch Obst und Gemüse.
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Sofern deren Regierungen das EU-Programm wollen. Denn nur sie können das aus dem Agraretat stammende Geld in Empfang nehmen, um es dann an karitative Verbände und Sozialdienste in ihren Staaten weiterzuleiten. Die Verbände wiederum kaufen dafür Brot, Fleisch, Obst und Gemüse und stellen die Verteilung sicher.
Solche Hilfen hat die EU schon 1987 eingeführt, nach einem extrem harten Winter damals. Zunächst verteilte Brüssel landwirtschaftliche Überschüsse. Als die Butter-, Milch und Apfelberge kleiner wurden, stellte die Union zunehmend Geld für den Kauf von Nahrungsmitteln zur Verfügung. Zuletzt nahmen 19 der 27 Mitgliedstaaten das Programm in Anspruch - die Bundesrepublik gehört seit 1989 nicht dazu.
Dennoch hält die Bundesregierung auch künftig nichts von den Brüsseler Hilfen. Eine Sprecherin des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verweist auf das funktionierende Sozialsystem. Die Verteilung von Nahrungsmitteln lehnt das Haus von Horst Seehofer (CSU) ab. Außerdem sei nicht einzusehen, warum der Brüsseler Agrarhaushalt bemüht werden solle, um Geld für soziale Zwecke bereitzustellen. Dafür gäbe es andere Töpfe.
EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel verweist dagegen auf 43 Millionen Menschen zwischen dem Nord- und dem Mittelmeer, die es sich nicht leisten könnten, jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder Geflügel zu essen. Es könnte noch schlimmer werden, denn die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln machten vielen stark zu schaffen. Zwar könne die EU-Kommission die Armut nicht abschaffen, aber sie könne Beiträge zur Linderung leisten. In ihrem Vorschlag sieht sie "eine konkrete Möglichkeit, einigen der bedürftigsten Menschen in unserer Gesellschaft" zu helfen. Allein in 2006 hätten 13 Millionen Menschen von der EU-Hilfe profitiert.